Die Überlieferung
In alter Heldenzeit, als es noch Drachen gab und König Artus in Britannien mit seinen edlen Rittern Tafelrunde hielt, herrschte in den Niederlanden ein König namens Sieghard. Dieser König hatte einen Sohn, der Siegfried hieß.
Siegfried war bereits als Kind groß, stark und zudem sehr abenteuerlustig. So verspürte er schon in jungen Jahren einen ungeheuren Drang, in die weite Welt hinauszuziehen, um seine Kräfte zu erproben. Als er wieder einmal allein auf einer mehrtägige Wanderung in den Wäldern unterwegs war, bekam er enormen Hunger. Deshalb klopfte er bei dem Haus des Schmiedes, der abgeschieden im Wald lebte, an. Siegfried fragte nach Arbeit, um im Austausch dafür Essen zu erhalten. Da der Schmied einen kräftigen, jungen Mann gut gebrauchen konnte, stellte er ihn ein.
Gleich beim ersten Versuch, den Hammer und Amboss gut zu gebrauchen, schlug Siegfried so kräftig zu, dass das Eisen brach und der Amboss sich tief in die Erde grub. Bei soviel Kraft bekam es der Schmied mit der Angst zu tun. Er überlegte deshalb, wie er seinen neuen Lehrling wieder schnell und problemlos loswerden konnte.
Am nächsten Morgen beauftragte der Schmied Siegfried, in den Wald zu gehen und Kohlen zu holen. Dabei sandte er den jungen Mann genau zu dem Ort, wo auch ein gefürchteter Drachen wohnte. Viele tapfere Krieger und edle Ritter hatten bereits versucht, den Drachen zu besiegen und so das Leid vom Land zu nehmen. Doch das Monster überwältigte und tötete sie alle. Darum war der Meister überzeugt, dass der Drache ein leichtes Spiel mit seinem Lehrling haben und dieser bestimmt nicht mehr zurückkehren würde.
Als Siegfried nichtsahnend zu der Stelle kam, die sein Meister ihm genannt hatte, erschien in kürzester Zeit das blutrünstige und feuerspeiender Untier. Der Königssohn reagierte schnell. Er riss einen großen Baum aus dem Grund und warf ihn auf den Drachen, so dass dieser sich in dessen Ästen verhedderte. Als das Untier sich kaum noch bewegen konnte, nahm Siegfried etwas von der noch glühenden Erde auf und zündete damit den Baum mitsamt dem Drachen an.
Durch das auflodernde Feuer schmolz das Fett des Drachenpanzers. Ohne langes Zögern nahm Siegfried das noch warme Fett und strich seinen ganzen Körper damit ein. Er verteilte alles gleichmäßig und umschloss so seinen Körper mit einer schützende Hülle. Unglücklicherweise konnte er jedoch zwei Stellen an seinem Rücken nicht erreichen, nämlich genau da, wo seine Schulterblätter waren.
Nachdem das Fett an seinem Körper getrocknet war, besaß der junge Held einen unverwundbaren und schützenden Panzer. Seitdem wurde er der „gehörnte Siegfried“ genannt.
(Gehörnt ist hier in dem Sinn, dass Siegfried von einem schützenden Panzer aus Horn umgeben war. Der Ausdruck hat dementsprechend nichts mit der heutigen Bedeutung, z.B. gehörnter Ehemann, zu tun.)
Quelle: de.wikisource.org, gutenberg.spiegel.de
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