ist keine Sage oder Legende im eigentlichen Sinne, sondern beruht auf einer wahren Begebenheit, die zunächst mündlich überliefert wurde.
Die singende Gräfin
Christina Reinira van Reede entstammte dem niederländischen Adelsgeschlecht Reede-Ginckel und lebte auf Schloss Amerongen, das sich im Familienbesitz befand.
Wie viele andere Mitglieder ihrer Familie war die Gräfin eine glühende Anhängerin des Hauses Oranien. Im Jahr 1813 schmiedete sie gemeinsam mit dem ehemaligen General van der Capellen einen einen Komplott, um die Franzosen aus Utrecht zu vertreiben. Der Anschlag misslang jedoch.
Van der Capellen wurde gefasst, verurteilt und sollte in Arnheim hingerichtet werden. Als die Gräfin davon erfuhr, sammelte sie in Amersfoort einige Verbündete und bewaffnete sie. Der Plan war, den Gefangenentransport zu überfallen und den General zu befreien. In einem Hinterhalt warteten sie auf den geeigneten Moment – doch der Wagen kam nicht.
Gouverneur Molitor hatte nämlich kurzfristig entschieden, den Gefangenen vor ein Erschießungskommando in Utrecht zu stellen, da ihm ein langer Transport zu unsicher erschien.
Angesichts dieser Entwicklung sah die Gräfin keine andere Möglichkeit, als nach Utrecht zu eilen und Gnade für ihren Freund zu erbitten. Zweimal wurde sie abgewiesen. Beim dritten Versuch stellte Molitor eine ungewöhnliche Bedingung für eine mögliche Begnadigung. Er wollte, dass die Gräfin für ihn die Marseillaise sang.
Im heftigen Widerstreit mit ihren Gefühlen überlegte die Adlige kurz, sammelte sich schließlich und begann mit klarer Stimme auf Niederländisch zu singen. Doch statt des eigentlichen Textes trug sie in der Melodie der Marseillaise den niederländischen Text des Wilhelmus vor, der zu Ehren von Wilhelm I. von Oranien-Nassau geschrieben wurde und noch heute die Nationalhymne der Niederlande ist. Die Anpassung der Silben und der Textzeilenlänge an das französische Lied (und auch spätere Nationalhymne) erforderte einige Improvisationskunst wie auch Konzentration. Der Gouverneur, der kein Niederländisch verstand, schien weder auf die Worte noch auf deren Sinn zu achten. Jedenfalls war er mit dem Lied zufrieden und hielt sein Wort – Van der Capellen wurde freigelassen.
Doch bevor der General ins Ausland ging, verweilte er noch einige Tage auf Schloss Amerongen. Das Zimmer, in dem er damals wohnte, erhielt später seinen Namen und trägt ihn bis heute.

Quelle: http://www.verhalenbank.nl/items/show/47321
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