Bild Friedrich II, Geschichte Friedrich der Große Wesel
Fried­rich der Große

Als Fried­rich der Große einst die nieder­rhei­ni­sche Stadt Wesel besuchte, inspi­zierte er auch die Gefäng­nisse der Festung.

Auf seinem Rund­gang wurden dem König einige der Gefan­genen vorge­stellt, an die er sein Wort rich­tete. So fragte er den Ersten, was er denn ange­stellt hätte. Dieser beteu­erte, dass er nichts Falsches getan hätte und völlig unschuldig sei. Auch der Zweite erklärte, sich keiner Schuld bewusst zu sein, und behaup­tete, ein falsches Gerichts­ur­teil habe ihn in den Kerker gebracht. Ein Dritter hielt sich eben­falls für einen ehrli­chen Menschen, der nur durch den Meineid seines Nach­barn in diese miss­liche Lage geraten sei. Fried­rich der Große ging weiter, schüt­telte ungläubig den Kopf und nahm die Ausflüchte wortlos zur Kenntnis.

Beim letzten Gefan­genen blieb er nur flüchtig stehen und fragte, ob auch er schuldlos sei. Doch zu seiner großen Über­ra­schung antwor­tete der Mann: „Nein, Herr König, ich bin nicht unschuldig! Ich bin ein großer Schwei­ne­hund und sitze völlig zu Recht hier!“ Der König musterte ihn starr, zögerte einen Moment und rief dann: „Ja, was tust du, verdammter Schwei­ne­hund, denn unter all diesen ehrli­chen und anstän­digen Menschen?“ Daraufhin befahl er, den Mann sofort aus dem Gefängnis zu werfen, damit er die unschul­digen Menschen, die hier einsäßen, nicht noch verderbe.

Auf dem Rückweg zum Schiff sah der König das bedrückte Gesicht seines Privat­se­kre­tärs. Er sprach ihn darauf an, und der äußerte sein Unbe­hagen, einen solchen verbre­che­ri­schen Schelm die Frei­heit geschenkt zu haben. Der Zweck des Zucht­hauses sei, den Menschen zu bessern, entgeg­nete seine Majestät, und jede Besse­rung beginne mit Reue. Sein Sekretär war davon in keiner Weise über­zeugt und zwei­felte weiterhin die getrof­fene Entschei­dung an. Für ihn war der Entlas­sene nur ein geris­sener Bursche, der seine Chance genutzt hatte.

Daraufhin erwi­derte der König: „Beru­hige Er sich … Sollte Er mit Seiner Vermu­tung recht haben, so schadet das auch nichts. So ein feiner Kopf ist zu schade, um im Zucht­haus zu verkommen.” Nach kurzem Inne­halten fügte er hinzu: „Ich wollt’, er wär mein Minister!“ Als der Sekretär nun noch mehr entsetzt war, fuhr Fried­rich der Große gelassen fort: „Eh bien, fällt der Schlingel in seine alten Sprünge zurück, wird er ohnehin gehängt. Räuber? Stra­ßen­räuber? Der gemeine Mann raubt Dukaten, der große Potentat ganze Provinzen und Länder! Ist der Unter­schied wirk­lich so groß?“

Nach­er­zählt entspr. Quelle: Karl Heck, Hein­rich Peitsch, Es geht eine alte Sage, Sagen, Legenden und Erzäh­lungen vom unteren Nieder­rhein, Wesel 1967, S. 128f.


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