Zur Burg in Worms am Rhein

Nach seinem Sieg über den Drachen verließ Sieg­fried den Schmied und den Wald. Von seinem Panzer geschützt, begab er sich voller Zuver­sicht wieder auf Wander­schaft. Sein Weg führte ihn an den Hof des berühmten Königs Gilbald in Worms am Rhein. Dessen Burg, die schon von weitem sichtbar war, ragte impo­sant und erhaben in den Himmel.

Doch als Sieg­fried in die Stadt kam, spürte er sofort die tiefe Trauer, die sich dort ausge­breitet hatte. Die Tochter des Königs­paares, die lieb­liche Flori­gunde, war einige Tage zuvor von einem blut­rüns­tigen Drachen entführt worden. Vor allem die Königin war so beküm­mert, dass sie Tag und Nacht weinte. Nicht einmal ihre drei Söhne konnten sie trösten. Der König war nicht weniger verzwei­felt und hatte bereits Boten ausge­sendet, die heraus­finden sollten, wohin der Drache seine Tochter verschleppt hatte.

Die Entführung der Königstochter

Königstochter mit dem Drachen in der Episode Der Kampf von Siegfried mit dem Drachen

Der vom Flug müde gewor­dene Drache hatte Flori­gunde inzwi­schen bis zum Drachen­fels gebracht. Dort schlief das Untier ein und schnarchte so laut, dass der gesamte Drachen­stein erzit­terte.

Die Tage und Wochen vergingen. Die Königs­tochter verzwei­felte in ihrer Gefan­gen­schaft und verlor allmä­lich die Zuver­sicht. Doch als es Ostern wurde, verwan­delte sich der Drache plötz­lich in einen jungen und kräf­tigen Mann. Das Mädchen schöpfte neue Hoff­nung, endlich zur Burg ihrer Eltern zurück­kehren zu können. Aber so sehr sie auch flehte und weinte, die Bestie in Menschen­ge­stalt blieb uner­bitt­lich. Bevor sich der Mann erneut in einen Drachen verwan­delte, offen­barte er ihr sein düsteres Geheimnis: Fünf Jahre müsse sie noch auf dem Drachen­fels ausharren. Erst dann werde er sich wieder in einen Menschen verwan­deln und sie mit sich nehmen – hinab in die Hölle, denn er hatte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.
Als Flori­gunde diese Worte vernahm, brach ihr das Herz. Sie war untröst­lich und vergoss bittere Tränen.

Inzwi­schen kamen die ersten Boten des Königs nach Worms zurück und brachten die Kunde, dass sie gehört hätten, ein Drache halte die Königs­tochter auf dem Drachen­fels gefangen. Dabei konnte ihnen jedoch niemand genau sagen, wo sich dieser Drachen­fels befand. Zudem wurde ihnen erzählt, dass nur ein Held von könig­li­chem Blute den Gefahren trotzen und die Königs­tochter retten könne.

Das Turnier am Hof von Gilbald

Vier Jahre gingen ins Land. Sieg­fried lebte noch immer auf der Burg von Gilbald und war inzwi­schen zu einem statt­li­chen Mann heran­ge­wachsen. Der König fand immer mehr Gefallen an dem Königs­sohn aus dem fremden Land. Seit Sieg­fried den König während der Jagd vor einem wilden Eber gerettet hatte, vertraute er ihm vorbe­haltlos.

Da Sieg­fried nun alt genug war, sah der König die Zeit für gekommen, ein Turnier auszu­richten. Für diesen Wett­kampf wählte er nur die besten Männer von edler Herkunft aus, die gegen­ein­ander im Kampf antreten sollten. Der Sieger des Wett­streits würde wohl über die notwen­dige Kampf­erfah­rung verfügen, um den Drachen zu besiegen und die Königs­tochter endlich wieder nach Hause zu bringen.

Wie der König bereits vermutet hatte, über­traf Sieg­fried alle seine Gegner an Kraft wie auch Gewandt­heit und gewann das Turnier in allen Diszi­plinen. Mit der Einwil­li­gung aller anwe­senden Könige und Fürsten wurde der junge Recke feier­lich zum Ritter geschlagen.

Der Aufbruch zur Jagd

In der Nacht nach dem Turnier erschien Sieg­fried die schöne Flori­gunde im Traum. Noch grübelnd über das nächt­liche Zusam­men­treffen schloss er sich am nächsten Morgen mit seinen Hunden den anderen zur Jagd an. Nach einer Weile gelangte die könig­liche Gesell­schaft in einen dichten Wald, in dem jedoch kein einziges Wild zu sehen war. Plötz­lich nahm einer von Sieg­frieds Hunden jedoch eine Spur auf und lief immer weiter in das Gehölz hinein. Sieg­fried folgte ihm. Dabei entfernte er sich unbe­merkt immer weiter von den anderen. Ganze vier Tage ritt der junge Recke dem Spür­hund hinterher, ohne zu essen oder zu trinken — jedoch immer an die schöne Königs­tochter denkend.

Als Sieg­fried bemerkte, dass sein Pferd immer müder wurde, legte er eine Pause ein. Da kam plötz­lich ein Löwe auf ihn zu. Kurz­ent­schlossen griff er dem wilden Tier in den Rachen und riss es ausein­ander.

Ohne geruht zu haben, sattelte er wieder sein Pferd und folgte seinem Hund, der ihn noch tiefer in den Wald führte.

Das Zusammentreffen mit dem Ritter

Sieg­fried war noch nicht lange geritten, da begeg­nete ihm ein bewaff­neter Ritter. Dieser forderte den Königs­sohn ohne Umschweife auf, sich zu ergeben oder mit ihm zu kämpfen. Sieg­fried zog daraufhin sein Schwert und setzte sich zur Wehr. In dem uner­bitt­li­chen Kampf verletzte er seinen Gegner tödlich. Bevor der Ritter starb, bestand Sieg­fried noch auf einer Antwort, warum er ihn so grundlos ange­griffen hatte.

Der schwer­ver­letzte Ritter antwor­tete, dass im Wald ein gewal­tiger Riese namens Wofgrambär wohnt. Dieser habe ihn gefangen gehalten und verlangt, dass er ihm fünf Ritter bringe, damit er wieder als freier Mann leben könne. Als der Ritter nun seiner­seits hörte, dass es der Held Sieg­fried war, den er ange­fallen hatte, entschul­digte er sich. Da er im Sterben lag, schenkte er dem Helden seinen Harnisch und sein Schild, da Sieg­fried diese Dinge nun besser gebrau­chen konnte.

Der Zwergenkönig Egwald und Siegfried

Nachdem Sieg­fried den Toten beklagt hatte, setzte er sich wieder auf sein Pferd und ritt weiter durch den Wald. Da kam ihm der Zwer­gen­könig Egwald auf einem kohl­schwarzen Ross und mit großem Gefolge entgegen. Der Zwerg grüßte ihn höflich.

Sieg­fried war erstaunt, dass er seinen Namen und auch die Namen seiner Eltern kannte. Als der junge Ritter vernahm, dass der Zwerg so gut Bescheid wusste, fragte er ihn, ob er ihm auch sagen könne, wo der Drache lebte und die Königs­tochter versteckt hielt. Auch dies wusste der Zwerg, sagte es aber nicht. Daraufhin forderte Sieg­fried ihn auf, ihm den Weg zur Drachen­höhle zu zeigen.

Als Egwald dies hörte, erschrak er sehr und versuchte, Sieg­fried von seinem Plan abzu­bringen. Daraufhin stieß Sieg­fried sein Schwert in die Erde und schwor, die Jung­frau zu erlösen und den Drachen zu töten. Doch auch nach weiteren langen Bitten gab der Zwerg Sieg­fried nicht die gewünschte Auskunft, wodurch der Held immer wütender wurde.

Egwald begann, sich zuneh­mend zu fürchten, und über­legte fieber­haft, wie er am besten fliehen könnte. Sieg­fried, der die Geduld verlor, ergriff den Kleinen bei den Haaren und warf ihn gegen eine Fels­wand. Dabei zerbrach Egwalds präch­tige Krone in tausend Stücke.

Jetzt flehte der Zwerg um sein Leben. Er berich­tete, dass der Riese Wolf­grambär, dem die ganze Gegend und ein gewal­tiges Heer gehörten, ganz in der Nähe wohnte. Zudem besaß dieser auch den Schlüssel zum Drachen­stein. Da der Zwerg weiterhin um sein Leben bangte, wies er Sieg­fried zitternd den Weg zu der stei­nernen Wand, hinter der der Riese hauste. Er pochte an das Felsentor. Dann sprang er schnell zur Seite, denn der Riese kam bereits heraus.

Die Begegnung mit Wolfgrambär

Sieg­fried stellte sich dem Riesen in den Weg und forderte ihn auf, die Königs­tochter heraus­zu­geben. Diese Worte machten den Riesen noch grim­miger, als er ohnehin schon war. Das Ungetüm holte mit einer gigan­ti­schen eisernen Stange gegen Sieg­fried aus, doch dieser wich geschickt aus. Die Wucht des Schlages war dabei so groß, dass sich die Stange tief in die Erde bohrte.

Als der Riese sah, dass der Ritter unver­letzt war, wurde er noch rasender. Er versuchte weiterhin, den Helden so heftig zu treffen, als ob er ihn in tausend Stücke zerschmet­tern wollte. Sieg­fried sprang immer wieder schnell und geschickt zur Seite. Dann ergriff er sein Schwert und schlug dem Riesen eine tiefe Wunde, aus der das Blut in Strömen floss.

In seinem Zorn brüllte der Verwun­dete auf und zog sich in seine Hölle zurück. Dort verband er seine schmer­zenden Wunden so gut es ging.

Da klopfte Sieg­fried erneut an das große Felstor. Mit einem vergol­deten Harnisch bewaffnet kam der Riese wieder zum Vorschein. Es entbrannte ein heftiger Kampf, bei dem das Ungetüm mit List und Tücke alles daran setzte, den jungen Recken zu töten. Beinahe wäre ihm das auch gelungen, hätte der Zwer­gen­könig Sieg­fried nicht in einem beson­ders gefähr­li­chen Moment die Tarn­kappe aufge­setzt. Damit verschaffte er dem Helden eine kleine, aber drin­gend benö­tigte Verschnauf­pause. Wieder sichtbar, kämpfte Sieg­fried mit aller Kraft weiter und verletzte den Riesen so sehr, dass dieser sich schließ­lich ergeben musste.

Der Eingang zum Verlies

Auf Sieg­frieds Drängen hin zeigte der Riese ihm schließ­lich wider­willig eine Tür, die tief unter der Erde verborgen war. Er schloss sie auf. Dann stiegen sie zusammen den Felsen hinab. In einer Ecke des dunklen Keller­ver­lieses entdeckte Sieg­fried die verängs­tigte Königs­tochter. Als Flori­gunde den tapferen Ritter sah, brach sie vor Freude in Tränen aus. Sie dankte dem Helden, gelobte ihm ewige Treue und hoffte von ganzem Herzen, dass er auch den Drachen bezwingen würde.

Wolf­grambär, der immer noch auf Rache sann, erzählte Sieg­fried, dass der Drache nur mit einer kunst­voll geschmie­deten Klinge getötet werden könne, die in der stei­nernen Wand aufbe­wahrt wurde. Doch genau in dem Moment, als Sieg­fried nach dem Schwert greifen wollte, um es an sich zu nehmen, schlug der Riese hinter­hältig auf ihn ein und fügte ihm seiner­seits eine tiefe Wunde zu.

Flori­gunde erschrak gewaltig und begann laut zu weinen. Ange­spornt durch ihr Leid nahm Sieg­fried all seine Kraft zusammen und schlug mit voller Wucht auf den Übel­täter ein. Dieser versuchte wiederum alles, um den Recken zu vernichten. Da riss Sieg­fried die Wunde, die er dem Riesen zuvor beigebracht hatte, weiter auf. Geschwächt, wie er nun war, konnte der Ritter das Monster vom Drachen­stein stoßen. Wolf­grambär zerschmet­terte elendig in der Felsen­schlucht.

Flori­gunde war voller Freude. Gleich­zeitig fürch­tete sie aber auch die bevor­ste­hende Ausein­an­der­set­zung mit dem Drachen. Da Sieg­fried seit Tagen weder gegessen noch getrunken oder geschlafen hatte, war es wichtig, sich vor dem entschei­denden Kampf noch zu stärken.

Der Zwerg Egwald sorgte dafür, dass reich­lich aufge­ta­felt wurde. Doch noch bevor sie mit ihrem Mahl beginnen konnten, kam ein gewal­tiger Drache mit neun seiner Jungen über die Berge geflogen. Die Königs­tochter erschrak zutiefst und die Zwerge rannten angst­voll davon.

Der Kampf mit dem Drachen

Sieg­fried redete seiner Flori­gunde Mut zu. Während die beiden noch mitein­ander spra­chen, kam der große Drache gefähr­lich nah und spie Feuer, so dass sogar der Fels bröckelte. Das Ungetüm erhob sich erneut in voller Wut, weil es sah, dass die Königs­tochter ihm geraubt werden sollte. Es griff Sieg­fried mit solcher Gewalt an, dass die Erde erzit­terte.

Der Ritter wehrte sich, so gut er konnte. Dennoch riss ihm der Drache mit seinen scharfen Klauen das Schild aus der Hand. Dabei verströmte das Untier eine so enorme Hitze, dass sie nicht nur Sieg­fried den Atem nahm, sondern auch die gesamte Umge­bung in Schutt und Asche legte.

Während einer kurzen Kampf­pause zog sich Sieg­fried in eine der nahe­ge­le­genen Höhlen zurück und entdeckte zu seiner eigenen Verwun­de­rung einen riesigen und äußerst wert­vollen Schatz. Er vermu­tete, dass der Drache oder der Riese ihre Reich­tümer hier zurück­ge­lassen hatten. Doch er konnte nicht ahnen, dass all dies dem Zwer­gen­könig Egwald gehörte.

Selbst der Zwer­gen­könig wusste in diesem Moment nicht, dass der Schatz genau in dieser Höhle versteckt war. Seine Brüder hatten ihn zwischen­zeit­lich dorthin gebracht, um die Reich­tümer ihrer Vorfahren zu retten, da der Ausgang des fürch­ter­li­chen Kampfes mit dem Drachen zu unge­wiss war.

Während Sieg­fried noch versuchte, wieder zu Atem zu kommen, trat plötz­lich Flori­gunde zu ihrem Geliebten in die Höhle. Sie brachte ihm die entsetz­liche Nach­richt, dass der Drache noch sechzig junge Drachen zur Verstär­kung geholt hatte. Bei dieser mäch­tigen Über­zahl des Gegners schien ihr Streit aussichtslos.

Siegfried besiegt den Drachen

Doch der Mut und die Zuver­sicht Sieg­frieds waren unge­bro­chen. Unver­zagt stieg er wieder auf den Drachen­fels, nahm sein Schwert mit beiden Händen und hieb mit all seiner Kraft und voller Grimm auf den Drachen ein. Die jungen Drachen waren so beein­druckt und zugleich erschro­cken über die Wucht, mit der Sieg­fried kämpfte, dass sie flohen. Nur der große Drache blieb zurück und stellte sich dem Gefecht mit dem Ritter.

Während des lang andau­ernden und erbit­terten Kampfes peitschte der Drache ständig und unge­stüm mit seinem Schweif, sodass es für Sieg­fried äußerst schwierig war, nicht von diesem erschlagen zu werden. In einem geeig­neten Moment packte er jedoch den Schwanz des Unge­tüms und durch­trennte ihn mit seinem Schwert. Der Drache tobte noch lauter vor Wut. Sieg­fried schlug noch­mals mit seiner ganzen Kraft zu und teilte das Ungetüm mit einem Hieb in zwei Stücke.

Die Königs­tochter, die sich in der Felsen­höhle verborgen hielt, hörte das fürch­ter­liche Getöse. Da sie auf die Nieder­lage des Drachen hoffte, kam sie ängst­lich und zugleich erwar­tungs­voll aus ihrem Versteck hervor. Als sie aber neben dem besiegten Drachen auch Sieg­fried kohl­schwarz und regungslos am Boden liegen sah, dachte sie, er sei tot, und sank ohnmächtig bei ihm nieder.

Nach einer Weile erwachte der Ritter und sah nun, dass die Königs­tochter unbe­weg­lich auf der verbrannten Erde neben ihm lag. Noch völlig erschöpft, begann er zu klagen. Durch diese Geräu­sche neugierig geworden, kam auch der Zwer­gen­könig aus seinem Versteck hervor. Er trug eine wunder­same Wurzel bei sich, die er Sieg­fried übergab, damit dieser sie der Jung­frau in den Mund legen könne. Zugleich rich­tete sie sich auf und umarmte ihren Helden unter Dankes­tränen.

Der Aufbruch zur Rückkehr

Der Zwer­gen­könig Egwald dankte dem Ritter, denn er hatte ihn und sein Volk für immer von der Herr­schaft des Riesen Wolf­grambär erlöst, an den sie hohe Zinsen bezahlen mussten. Darum bot er Sieg­fried an, ihn und die Königs­tochter nach Worms zu begleiten. Doch zuerst wurde ein großes Mahl gerichtet, um den Sieg zu feiern. Alle sollten ihren Hunger und Durst stillen können, bevor sie die lange Rück­reise antraten.

Am nächsten Morgen war alles für die Abreise bereit. Sieg­fried nahm die Beglei­tung des Zwer­gen­kö­nigs an – jedoch nur soweit, bis er den Weg allein zurück­finden konnte. Als das Paar schon eine kleine Weile weiter­ge­ritten war, erin­nerte sich Sieg­fried plötz­lich wieder an den Schatz, den er in der Höhle gesehen hatte. Da er noch immer glaubte, dass die Kost­bar­keiten dem Drachen oder dem Riesen gehört hatten, wendeten sie ihre Pferde, um den Schatz zu holen.

Bei der Höhle ange­kommen, lud Sieg­fried alles auf sein Pferd. So führte er die Tiere mit Flori­gunde im Sattel auf demselben Weg zurück, auf dem er dem Ritter zuvor begegnet war, den er im Kampf erschlagen hatte. Zu seiner Erleich­te­rung sah er das Pferd des toten Ritters noch auf der Wiese grasen. Da sein eigenes Pferd mit den Kost­bar­keiten beladen war, bestieg er des anderen Pferd. Nun konnten sie, jeder auf seinem eigenen Tier und zusammen mit den Schätzen, die Heim­reise antreten.

Der Überfall auf dem Weg nach Worms

Sie waren noch nicht lange geritten, als ihnen plötz­lich aus dem Dickicht heraus eine Rotte von Dieben den Weg verstellte. Um unver­sehrt weiter­ziehen zu können, war die Königs­tochter bereit, den Schatz zu opfern. Sieg­fried jedoch wollte nicht so leicht aufgeben. Er sah sich in seiner Ehre gekränkt und nahm den Kampf auf.

Mit nur einem einzigen Hieb schlug der Königs­sohn dem ersten Wege­la­gerer den Kopf ab. Den zweiten streckte er mit einem weiteren Streich zu Boden. Als die anderen das sahen, wichen sie erschro­cken zurück.

Inzwi­schen hatte jedoch einer der Räuber, der Flori­gundes Pferd mit dem Schatz wegführte, bereits einen guten Vorsprung erreicht. Sieg­fried konnte ihn mit seinem Pferd einholen und mit Leich­tig­keit über­wäl­tigen. In dieser kurzen Zeit ergriffen die anderen Räuber aber wiederum die Gele­gen­heit und entführten die Königs­tochter in den Wald.

Als Sieg­fried dies bemerkte, ließ er das Pferd mit dem Schatz seines Weges ziehen und verfolgte sofort die Spur seiner Geliebten. Schon kurze Zeit später erreichte er die Gruppe, die sich im Gestrüpp versteckt hielt. Er entle­digte sich aller bis auf einen, der im Sumpf stecken­ge­blieben war. Sieg­fried rief ihm zu, dass er den Wande­rern, die ihm begegnen würden, ausrichten sollte, er sei dem gehörnten Sieg­fried begegnet, der die Königs­tochter aus den Klauen des Drachen befreit und jetzt nach Hause führe.

Die Ankunft von Florigunde und Siegfried am Königshof

Nach diesem Vorfall ritten die Königs­tochter und Sieg­fried unver­sehrt weiter. Die freu­dige Botschaft, dass Flori­gunde vom Drachen erlöst worden war und sie zusammen mit ihrem kühnen Ritter die Heim­reise ange­treten hatte, verbrei­tete sich wie ein Lauf­feuer im ganzen Land. Der König ließ seine gesamte Ritter­schaft aufbieten, damit sie seiner Tochter und dem Helden die gebüh­rende Ehre erweisen und sie zum Hof begleiten würden.

Zudem machte er unver­züg­lich die bevor­ste­hende Hoch­zeit bekannt, denn er wusste, dass er seine Tochter dem Ritter Sieg­fried nicht abschlagen durfte, der sie unter Lebens­ge­fahr gerettet hatte. Sieg­hard, Sieg­frieds Vater, kam eben­falls zur Hoch­zeit seines Sohnes und war hoch­er­freut und geehrt. Kaiser, Könige und Fürsten, Ritter­schaft und Adel – sie alle fanden sich zusammen. Sie wurden herz­lich empfangen und fürst­lich bewirtet, wie es an Königs­höfen Sitte war. Sieg­fried und die schöne Flori­gunde wurden im Münster zu Worms am Rhein getraut und unter großem Jubel empfangen.

Bei der Hoch­zeit gab es allerlei Vergnü­gungen. Nachdem das Ritter­spiel und die anderen Lust­bar­keiten vorüber waren, kehrten alle Gäste wieder heim. Sieg­fried gab ihnen dazu sicheres Geleit. Noch einige Jahre lebten Sieg­fried und Flori­gunde glück­lich auf der Burg.

Nach acht Jahren trat die Prophe­zeiung des Zwer­gen­kö­nigs ein – aber das ist eine andere Geschichte …


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Quelle: de.wikisource.org, projekt-gutenberg.org

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