Sage von der Burg Sterrenberg und Liebenstein am Rhein

Zwischen Bingen und Koblenz, noch vor den großen Krüm­mungen des Rheins und dem Zufluss der Lahn, thront seit dem frühen Mittel­alter die Burg Ster­ren­berg. Dort lebte einst ein ehrwür­diger Ritter mit seinen beiden Söhnen, die unter­schied­li­cher nicht hätten sein können. Der Ältere war ernst und besonnen, der Jüngere hingegen von impul­sivem, feurigem Tempe­ra­ment.

Da die Mutter der Jungen früh verstorben war, holte der Ritter eine entfernte Verwandte auf die Burg, die sich um die heran­wach­senden Brüder kümmern sollte. Das Mädchen war nicht nur tüchtig, sondern auch von außer­ge­wöhn­li­cher Schön­heit und Anmut. So kam es, dass sich jeder der beiden jungen Ritter in sie verliebte.

Zunächst sah es ganz so aus, als sei das Fräu­lein dem älteren Bruder zuge­neigt. Doch als der Jüngere immer mehr zum Mann heran­reifte, fühlte sie sich von seiner unbe­schwerten, fröh­li­chen Art sehr ange­zogen und verliebte sich in ihn. Der Ältere erkannte schließ­lich schweren Herzens, dass sein Werben vergeb­lich war. Da ihm die Situa­tion auf der Burg aussichtslos erschien, fasste er den Entschluss, wegzu­gehen und sich den Kreuz­zügen anzu­schließen.

Doch auch den jüngeren Bruder drängte es hinaus in die Welt. Er war auf der Suche nach Aben­teuer, wollte fremde Länder erkunden und sich im Kampf beweisen. Das erfüllte den alten Ritter mit großer Sorge. Nur zu gerne hätte er seinen Jüngsten auf der Burg behalten – nicht nur um seiner selbst willen, sondern auch zum Schutz des künf­tigen Burg­fräu­leins.

Doch so sehr der Vater auch bat, sein jüngerer Sohn ließ sich nicht umstimmen. Sein Entschluss, in die Welt hinaus­zu­ziehen und an den Kreuz­zügen teil­zu­nehmen, stand fest. Auch seine Geliebte vermochte ihn nicht zurück­zu­halten. Nach langem Ringen und einigen Ausein­an­der­set­zungen opferte sich schließ­lich der ältere Bruder und blieb als Wächter und Beschützer auf der Burg zurück.

Mit dem Weggang des Jüngeren brachen für den Älteren schwere Zeiten an. Er war nach wie vor leiden­schaft­lich in die Braut seines Bruders verliebt, doch sie blieb ihrem Verlobten treu. Der alte Ritter, der dieses Elend Tag für Tag mit ansehen musste, hatte tiefes Mitleid mit seinem ältesten Sohn. Deshalb ließ er nicht weit von Ster­ren­berg die Burg Lieben­stein erbauen.

Zeichnung Ritter zu den feindlichen Brüdern - Burg Sterrenberg und Liebenstein

Dort sollte der jüngere Bruder nach seiner Rück­kehr mit seiner Frau wohnen. So wollte der alte Ritter seinen Ältesten davor bewahren, jeden Tag das Glück der beiden Liebenden mitan­sehen zu müssen.

Nach vielen Jahren des langem Wartens kehrte der jüngste Sohn endlich wieder heim. Aber er kam nicht allein. An seiner Seite war eine schöne Grie­chin, die er bereits gehei­ratet hatte. Das zurück­ge­blie­bene Fräu­lein war untröst­lich und zutiefst verletzt. Doch selbst in dieser bitteren Stunde konnte sie ihr Herz dem älteren Bruder nicht öffnen.

Dieser war tief gekränkt und voller Zorn. Er wollte nicht tatenlos mitan­sehen, wie die Frau, die er liebte, so schroff gede­mü­tigt wurde – und forderte seinen Bruder zum Duell. Um Schlim­meres zu verhin­dern, trat das Burg­fräu­lein mutig zwischen die beiden Streit­hähne und hielt sie zurück. In ihrer ausweg­losen Lage und über­wäl­tigt von ihren Gefühlen, beschloss sie, die Burg zu verlassen und im Kloster Mari­en­berg ein Leben als Nonne zu führen.

Der ältere Bruder, ohnehin vom jahre­langen Schmerz gezeichnet, war nach dieser Entschei­dung endgültig gebro­chen. Um seinen Kummer hinter sich zu lassen und endlich wieder inneren Frieden zu finden, beschloss auch er, ein Leben als Mönch zu führen und in das Kloster Born­hofen einzu­treten.

Unge­achtet aller Gescheh­nisse lebte der jüngere Bruder mit seiner grie­chi­schen Frau unbe­schwert auf Burg Lieben­stein. Ihre Tage waren ausge­füllt mit Empfängen und Festen.

Doch es kam, wie es kommen musste: Eines Tages verließ auch die Grie­chin die Burg – an der Seite eines anderen Ritters, in den sie sich verliebt hatte. Ihren verzwei­felten Mann ließ sie allein zurück.

Burg Liebenstein und Sterrenberg, auch die feindlichen Brüder genannt
Burg Lieben­stein und Ster­ren­berg sowie das Kloster Born­hofen am Rhein

Von der Sage “Die feind­li­chen Brüder” sind in den letzten Jahr­hun­derten verschie­dene Versionen entstanden. Die hier nach­er­zählte Geschichte beruht auf dem Werk  “Rhein­lands schönste Sagen und Geschichten“ von Dr. Hein­rich Pröhle. Eine weitere Über­lie­fe­rung fand ich auf einer Info-Tafel entlang des Wander­weges Traum­schleife Fünf­seen­blick bei Boppard.

Zu einer weiteren Version der Sage von den feind­li­chen Brüdern: Burg Ster­ren­berg und Lieben­stein

Zu dem Gedicht Zwei Brüder von Hein­rich Heine und der engli­schen Über­set­zung The Warring Brot­hers


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