Das Mittelalter erwachen lassen
Speyer am Rhein entdecken
Die Stadt Speyer war einer der Orte, von denen ich bereits viel gehört hatte und den ich schon immer mal besuchen wollte, der aber irgendwie nie auf einer meiner Route gelegen hatte. Das wollte ich jetzt ändern. Und welche Jahreszeit würde sich für so eine Reise besser als der Frühling eignen? Bei einer geballten Ladung Geschichte, ist es doch prima, wenn es nicht zu warm ist oder in Strömen regnet.

Zu meinem großen Erstaunen waren die meisten Hotels in Speyer ausgebucht, so dass ich auf eine Unterkunft im Nachbarland Baden-Württemberg zurückgriff. Von meinen Hotel aus lief ich ungefähr eine Viertelstunde über die Rheinbrücke bis zum Dom von Speyer und damit auch nach Rheinland-Pfalz. Absolut perfekt!

Ich fühlte mich bereits in der Zeit zurückversetzt, als ich die Silhouette der Stadt im Abendlicht von der Brücke aus sah. Dieser Eindruck verstärkte sich noch mehr, als ich am Dom ankam und mich inmitten eines Mittelalter-Fests befand. Auf dem gesamten Parkgelände unterhalb des Doms standen Zelte und die Menschen um mich herum waren alle mittelalterlich gekleidet, wohin ich auch blickte. Da es schon etwas später war, bestanden keine Eingangskontrollen mehr und ich konnte mich sogleich unters Volk mischen. Dabei kam ich mir mit meiner normalen Kleidung fast wie ein Alien vor. Ich kaufte ein traditionell zubereitetes, mit Frischkäse und Zwiebeln überbackenes Brot. Wenn das nicht die richtige Einstimmung ist, eine der ältesten Städte in Deutschland zu besuchen?
Ganz kurz — vom Beginn bis zum Mittelalter
Die Stadt Speyer kann auf eine mehr als 2000-jährige Geschichte zurückblicken. Wie auch bei anderen Orten entlang des Rheins war vor allem die günstige Lage einer der entscheidenden Faktoren für eine erste Ansiedlung sowie den anschließenden Ausbau der Stadt. Vor allem die Nähe zum Fluss wie auch ein überschwemmungssicherer Hochuferbereich waren hier von Vorteil. Zudem liegt Speyer nicht weit von der sich in der Rheinebene befindlichen Neckarmündung entfernt, was den Zugang nach Südosten und damit die Anbindung an die Donau erleichterte.
Nach der frühzeitlichen, keltischen Besiedlung des Gebietes formte ein 10 v.Chr. errichtetes Römerlager den Ausgangspunkt für die spätere Stadt. Der Name Spira, aus dem sich schließlich der heutige Name Speyer entwickelte, taucht erstmals 614 auf.
Das bedeutendste Wachstum fand im Mittelalter statt. Dabei war Speyer bereits seit 1294 freie Reichsstadt. Als eine der wichtigsten Städte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation erlangte Speyer durch die Reichstage von 1526, bei welchen Luthers Thesen verhandelt wurden, und 1529 mit der Speyrer Protestation neben wirtschaftlichen auch zunehmenden politischen Einfluss.
Dom zu Speyer


Die Geschichte der Stadt ist seit dem Mittelalter eng mit dem Dom zu Speyer verbunden.
Als Konrad II im Jahre 1024 zum deutschen König gewählt wurde, spielte die Stadt bereits eine bedeutende Rolle innerhalb der Reichspolitik. Nach der im Jahre 1027 folgende Krönung zum Kaiser legte Konrad II den ersten Grundstein für den Bau des Speyerer Doms. Der Dom sollte ursprünglich als Grablege für die Herrscherfamilie dienen und auch gleichzeitig die kaiserlicher Macht und Würde symbolisieren. Der Bau des Domes verstärkte zugleich den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt, da sich viele Handwerker, Händler und Künstler ansiedelten.
Das Ziel von Konrad II, die größte Kirche seiner Epoche zu errichten, wurde von ihm erreicht. Der Dom war der imposanteste Kirchenbau seiner Zeit und symbolisierte mit seiner Monumentalität die kaiserliche Macht wie auch des Christentums. Zugleich wurde mit dem Bau auch der religionspolitische Machtanspruch gegenüber dem Papsttum demonstriert.

Am Ende des 2. Jahrhundert veranlasste Heinrich IV den weiteren Ausbau des Gotteshauses. In dieser Zeit entstanden die Blendbogen und die umlaufende Galerie, die eine besondere Neuerungen in der Baukunst darstellten.
Große Zerstörung brachte der Pfälzische Erbfolgekrieg von 1689 mit sich. Der Bayernkönig Ludwig I. veranlasste den Beginn des Wiederaufbaus des Domes im 18. Jahrhundert. Von der damaligen barocken Ausstattung ist heute nur noch der Marienzyklus von Johann Schraudolph zu sehen.
Der wohl älteste Teil des Domes ist die Krypta. Sie ist gleichzeitig mit einer Breite von 35 Metern und einer Länge von 46 Metern die größte romanische noch bestehende Hallenkrypta. Die Krypta teilt sich in vier Räume, die einen Gottesdienstraum und insgesamt Gräber von 6 Kaisern und Kaiserinnen sowie 4 Königen beherbergen.

Ölberg
An der Südseite des Domes befindet sich heute ein Platz mit einer steinernen Figurengruppe, die das biblische Geschehen auf dem Jerusalemer Ölberg darstellt. Die Skulptur wurde von dem Speyerer Bildhauer Gottfried Renn im 19. Jahrhundert geschaffen. Ursprünglich war hier der Mittelpunkt des Domkreuzganges, der nach seiner Zerstörung nicht wieder aufgebaut wurde.

Heidentürmchen
In Richtung Park, unweit der Ostseite des Domes, ist das Heidentürmchen zu finden. Dabei handelt es sich um einen zweigeschossigen Mauerturm mit flankierenden runden Treppentürmen, der Teil der alten Stadtmauer war. Das Heidentürmchen datiert aus dem späten 13. Jahrhundert.
Kirchen in Speyer
Speyer besitzt nicht nur den Dom, sondern ist auch reich an anderen Kirche, wie zum Beispiel:

St. Joseph-Kirche
Die Josephskirche ist neben dem Dom die zweitgrößte katholische Kirche der Stadt Speyer. Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaute Kirche wurde 1988/89 umfassend renoviert. Sie ist insbesondere durch ihre großen Glasfenster mit unterschiedlichen Darstellungen und der 1990 eingeweihten Wilbrandorgel bekannt.

Gedächtniskirche – ein Denkmal des Weltprotestantismus
Die zwischen 1893 und 1904 errichtete Gedächtniskirche ist der höchste Kirchturm der Pfalz. Mit hundert Metern Höhe überragt er neben den Gebäuden der Stadt selbst den Dom zu Speyer. Die Gedächtniskirche, welche im neugotischen Stil errichtet wurde, soll an die Protestation erinnern, die die evangelischen Reichsstände 1529 auf dem Reichstag zu Speyer vollzogen. An dieses Ereignis erinnern auch das Luther-Denkmal sowie die Statuen der protestantischen Landesfürsten in der Vorhalle der Kirche.
Durch die noch am Ende des 19. Jahrhunderts herrschende Rivalität der katholischen und evangelischen Kirche sollte die damals geplante Gedächtniskirche sich von den anderen Kirchenbauten in Speyer abheben. Darum wurden neben der Größe der Kirche auch besondere Materialien, beispielsweise der helle und nicht stark nachdunkelnde Vogesensandstein, verwendet. Darüber hinaus besitzt die Gedächtniskirche farbenprächtige Fenster, die Szenen aus der Bibel abbilden, und die größte Orgel Südwestdeutschlands.

Dreifaltigkeitskirche
Diese sehr schöne Spätbarockkirche wurde zwischen 1701 und 1703 von dem italienischen Maurermeister Paul Bagnato auf den Fundamenten, die von dem Baumeister Johann Peter Graber 1701 gelegt wurden, errichtet. Die Einweihung der Kirche fand 1717, am Tag des 200-Jährigen Jubiläums der Reformation, statt. Besonders sehenswert sind im Innenraum der Kirche das reich bemalte Holzgewölbe sowie die zahlreichen Holzschnitzereien an Kanzel, Altar und Emporen.
Bis zur Fertigstellung der Gedächtniskirche war die Dreifaltigkeitskirche die evangelische Hauptkirche in Speyer. Da die Gedächtniskirche bis 1965 nicht beheizt werden konnten, fanden hier weiterhin im Winter die evangelischen Gottesdienste hier statt. Bis heute werden in der Dreifaltigkeitskirche regelmäßig Gottesdienste abgehalten.
Noch mehr Sehenswürdigkeiten in der Stadt Speyer


Altpörtel
Das Altpörtel ist eines der beeindrucktesten und mit 55 Metern auch eines der höchsten Stadttore Deutschlands. Der untere Teil des Turmes wurde bereits zwischen 1230 und 1250 erbaut. Das obere, spätgotische Turmgeschoss wurde zwischen 1512 und 1514 hinzugefügt.
Fischmarkt
Der Fischmarkt, welcher bereits 1290 erwähnt wurde, lag damals noch am Speyerbach. Der Platz soll heute an den Berufstand der Fischer erinnern. Dazu wurde Beginn der 80-iger Jahre die Brunnenplastik des Stelzenfischs, den der Landauer Künstler Stefan Forler schuf, aufgestellt.
Feuerbachhaus
Das Feuerbachhaus ist das Geburtshaus des Malers Anselm Feuerbach. Hier befindet sich ein kleines Museum mit Galerie und Weinstube.
Grab von Helmut Kohl
Das Grab des ehemaligen Kanzlers der deutschen Einheit liegt im Adenauerpark, in der unmittelbaren Nähe des Domfriedhofes und der Friedenskirche St. Bernhard.


Museen
Nicht nur an regnerischen Tagen laden die Museen der Stadt ein. Neben dem Kulturhof in der Innenstadt sind insbesondere das
- Historische Museum mit Dauer- wie auch wechselnden Ausstellungen
- Elwedritsche Museum mit allem Informationen über das sagenumwobene pfälzische Fabelwesen Elwedritsch
- Sea-Life mit anschaulichen Informationen über unsere Meeren, Seen und Flüssen
- Technik Museum mit vielen Exponaten zu Luft- und Raumfahrt, Automobile, Eisenbahn und Schiffsbau
hervorzuheben.



Noch gut zu wissen
Vielleicht noch ganz gut, um zu wissen: die Salierbrücke, als eine der Hauptverbindungen über den Rhein nach Speyer wird ab Beginn 2019 für 26 Monate saniert und ist damit für den Autoverkehr gesperrt. Fußgänger und Radfahrer können weiterhin die Brücke benutzen. Zudem wurde ein kleiner Pendlerbus eingesetzt.

Willst du noch mehr zu anderen Städten entlang des Rheins wissen? Hier geht es zu unserer Städteübersicht.
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