Entlang des Rheins

Die Jungfrauen bei Oberwesel am Rhein

Hallo, unsere Sagen­reihe wird fort­ge­setzt. Wusstet ihr schon

Wie die sieben Jungfrauen bei Oberwesel in den Rhein kamen?

Vor langer Zeit, als noch Könige und Ritter entlang des Rheines lebten, befand sich auch bei Ober­wesel eine statt­liche Burg. Der Burg­herr hatte sieben Töchter, die unge­wöhn­lich schön und genauso eigen­sinnig waren. Leider verstarb der alte Ritter bereits früh­zeitig. Die Leute vermu­teten, dass er sich zu Tode grämte, da ihm kein männ­li­cher Nach­folger vergönnt war.

Nach dem Ableben des Burg­herrn kümmerte sich eine betagte Tante um die Mädchen. Aber sie konnte dem Frei­heits­drang und der Aben­teu­er­lust der Burg­fräu­leins keinen Einhalt gebieten. Die vielen Ritter und statt­li­chen Recken, die zur Burg kamen, um eine der jungen Damen für sich zu gewinnen, wurden alle brüsk abge­wiesen. Dabei trieben es die Schwes­tern wirk­lich bunt. Oft neckten sie erst die Werbenden und verspot­teten sie daraufhin.

Viele der verliebten und abge­wie­senen Freier waren scham­er­füllt und zorn­ent­brannt. Doch das hielt andere junge Männer nicht davon ab, weiter an den Hof zu kommen und ihr Glück zu probieren. Alle Versuche endeten jedoch kläg­lich. Die Burg­fräu­leins wollten lieber ihre Frei­heit in vollen Zügen genießen, zur Jagd oder Falken­beize ausreiten, als sich in einer Ehe zu binden.

So vergingen einige Jahre. Eines Tages fand wieder ein großes Fest­mahl im Ritter­saal statt, da verschie­dene Ritter auf der Burg weilten, die die Herzen der Schwes­tern erobern wollten. Die Burg­fräu­leins machten den Männern schöne Augen, so wie sie es bereits oftmals zuvor hatten getan. Doch plötz­lich brach ein Streit aus, da zwei junge hitzige Ritter wegen einer der Auser­wählte anein­ander gerieten.

Um die heftige Ausein­an­der­set­zung zu schlichten, drangen die Bewerber darauf, dass jede Jung­frau bekannt geben sollte, für wen ihr Herz schlägt. Das passte den Burg­fräu­leins natür­lich über­haupt nicht. Am Ende des Abends, wobei sie die Ritter nach allen Künsten verführt hatten, erklärten sie verhei­ßungs­voll, dass sie eine endgül­tige Entschei­dung am nächsten Morgen treffen wollten.

Bereits zeitig in der Frühe kamen die Ritter wieder im großen Saal zusammen. Doch keines der Burg­fräu­leins erschien. Ein Diener ließ den Männern ausrichten, dass die Jung­frauen unten am Rhein auf sie warteten. Voller Erwar­tungen begaben sie sich sofort auf den Weg dorthin.

Am Rhein ange­kommen, sahen sie, dass die Burg­fräu­leins, jede für sich, in einem kleinen Boot auf dem Rhein saß. Erstaunt fragten sie, was das soll. Doch die Schwes­tern lachten nur spöt­tisch und riefen: „Schlagt euch eure Hoff­nungen aus dem Kopf! Nie und nimmer werden wir euch eheli­chen! Wir fahren jetzt hinunter auf dem Rhein, dorthin, wo sicher noch mehr liebes­trun­kene Freier auf uns warten!“.

Das laute Lachen der Burg­fräu­leins hallte an dem Fels wieder, als sich die Boote in Bewe­gung setzten. Doch uner­wartet erhob sich plötz­lich ein gewal­tiger Sturm. Der Rhein brodelte. Das Lachen der jungen Frauen verstarb. Statt­dessen waren nur noch ihre Angst­schreie zu hören. Da schlugen die Wogen über ihnen mit einer mäch­tigen Kraft zusammen und begruben sie in den Tiefen des Flusses. An jeder Stelle, wo eines der Boote sank, erhob sich nun ein Felsen. Diese Felsen, uner­bitt­lich hart, sind noch heute bei nied­rigem Wasser­stand bei Ober­wesel im Rhein zu sehen.

Eine Anzahl anderer Legenden berichtet zudem weiter, dass die Burg­fräu­leins nur erlöst werden können, wenn ein Fürst aus ihrem Gestein eine Kirche am Ufer des Rheins erbaut. Bis jetzt hat sich jedoch noch niemand gefunden, der das voll­bracht hat. Deshalb können wir noch heute ab und an das Klagen der Burg­fräu­leins hören, die als die sieben Jung­frauen bei Ober­wesel im Rhein bekannt sind.

Quelle: Rhei­ni­sches Sagen­buch von Wilhelm Ruland

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Mia

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